Über ein Jahr dauert die Coronakrise nun schon an. FONDS professionell hat Finanz- und Versicherungsprofis gebeten, eine erste Bilanz zu ziehen. Heute erzählt Paul-Jakob Sendler, geschäftsführender Gesellschafter des Versicherungs- und Finanzmaklers Albfinanz aus Reutlingen, wie seine Firma es geschafft hat, in der Krise in allen Geschäftsbereichen Zuwächse zu erzielen und personell sogar aufzurüsten.


Herr Sendler, der Beginn des ersten Lockdown liegt nun schon mehr als ein Jahr zurück. Wie hat sich Ihr Geschäft in dieser Zeit entwickelt?

Paul-Jakob Sendler: Wir waren schon vor der Corona-Pandemie so aufgestellt, als ob eine Krise drohen würde. Wir hatten unter anderem bereits flexible Arbeitsplätze eingerichtet, die Online-Terminierung funktionierte, wir haben schon Videoberatung angeboten, hatten für Datensicherheit gesorgt, eine Cyber-Versicherung für die Firma abgeschlossen und waren im Internet sehr gut aufzufinden. Dadurch, dass wir proaktiv gehandelt hatten und auf den Eintritt einer eventuellen Ausnahmesituation so gut ausgerichtet waren, sind wir im Corona-Jahr stark gewachsen.

Gibt es Sparten, in denen Sie besonders hohe Zuwächse verzeichnet haben?

Sendler: Ja, seit Beginn der Coronakrise wurden wir mit Anfragen nach Bau- und Immobilienfinanzierungen geradezu überschüttet. Kein Wunder, wer verstärkt im Homeoffice arbeitet und die Kinder von zu Hause aus beschult, erkennt schnell, wie wichtig ein Arbeitszimmer ist. Und wenn die zahlreichen Angebote, die das Leben in der Stadt bereithält, nicht mehr genutzt werden können, darf es auch gern das eigene Häuschen auf dem Land sein. Auch das Bedürfnis nach Sicherheit steigt in Zeiten, da kaum noch etwas als sicher gelten darf. Wir sind aber auch in anderen Sparten stark gewachsen.

Welche sind das?

Sendler: Unternehmens- und Cyberversicherungen etwa stoßen seit Beginn der Coronakrise bei unseren Kunden auf ein so großes Interesse, dass wir mittlerweile eine eigene Homepage dafür eingerichtet haben. Ganze Firmen sind mit ihren Policen inzwischen komplett zu uns gewechselt. Auch private Krankenversicherungen werden stärker nachgefragt, weil die Menschen durch Corona bemerken, dass eine gute Gesundheitsabsicherung wichtig ist. Darüber hinaus entwickelt sich ein stärkeres Bewusstsein dafür, wie wichtig die Altersvorsorge ist. Weil es insgesamt so gut läuft, haben wir in den vergangenen Monaten neue Mitarbeiter eingestellt und wollen weiter aufstocken.

Sie haben Mitarbeiter mitten in der Krise eingestellt?

Sendler: Das war nicht schwierig, denn es gab ja in vielen Unternehmen Einstellungstopps. Wir konnten drei hervorragende Mitarbeiter gewinnen und richten uns als Team von Finanzexperten in allen Bereichen aus. Ich vergleiche es mit einer Anwaltskanzlei: Für jeden Rechtsbereich gibt es einen Spezialisten, der den Kunden hilft. So ähnlich ist es bei. Ein Kollege berät zum Beispiel nur zu Baufinanzierungen, ein anderer nur zu Unternehmensversicherungen. Wir sind breit aufgestellt.

Und welche Pläne haben Sie für die Zukunft über Corona hinaus? Werden Sie bestimmte Dinge auch wieder so machen wie vor der Krise?

Sendler: Wir wollen künftig wieder mehr Präsenztermine wahrnehmen. Ich denke, gute Beratung funktioniert als Kombination aus persönlichem Kontakt und moderner Technik. Viele unserer Kunden möchten lieber eine direkte Betreuung und ein Experten-Team vor Ort, aber das sollte immer kombiniert sein mit der Möglichkeit einer Internetberatung oder einem digitalen Kundenordner. Dieses Konzept werden wir ausbauen und an einigen Stellen noch weiter verbessern. Zudem bereiten wir uns darauf vor, Bestände in der Region aufzukaufen, denn wir wollen weiterhin wachsen.

Vielen Dank für das Gespräch. (am)